Ein Thema, dass immer brisanter wird und an Präsens zunimmt. Der Wolf bei uns in Österreich oder in Deutschland. Viele sagen: So ein schönes Tier. Wie gut, dass er wieder angesiedelt worden ist. Andere fluchen: Jetzt hatte ich heute Nacht wieder Besuch vom Wolf. Neun tote Schafe. Erschießt das Vieh.
Auf der einen Seite gibt es die Befürworter, die sagen, der Wolf war schon vorher da, wir haben ihn ausgerottet, jetzt muss er bleiben. Auf der anderen Seite gibt es tausende von Tierhaltern und Landwirten, die Verluste durch den Wolf zu beklagen haben und einfach keinen Bock mehr haben, halb tote, zerfetzte Tiere erlösen oder Kadaver wegräumen zu müssen.
Ich werde versuchen bei den Fakten zu bleiben, denn jeder, der mich kennt, weiß, ich mag den Wolf.
Kurz zum Wolf selbst. Den Wolf gibt es, wenn man so will, in verschiedenen „Rassen“. Es gibt den Rotwolf, den Grauwolf, den Europäischen Wolf, den Timberwolf, Afrikanischer Goldwolf und auch Kojote und Schakal gehören in einer gewissen Weise zum Wolf dazu. Als Unterart. Der Wolf ist ein Rudeltier. Er lebt im Familienverband, welche sozial strukturiert ist, damit es im Rudel nicht ständig zu Zoff kommt und ein Zusammensein funktioniert. Auch gejagt wird gemeinsam und Wölfe sind dabei ziemlich clever. Zeit ihres Lebens lernen sie dazu. Egal, welche Unterart wir nehmen, Wölfe wissen im Allgemeinen, wie sie die Beute, die sie zum Überleben brauchen, auch töten können, ohne selbst Schaden zu nehmen. Ein Hase wird einem Wolf jetzt nicht wirklich gefährlich werden können, aber wenn wir und Tiere mit Hörnern ansehen (Bisons, Hirsche, Elch), die wissen sehr wohl, wie man sich damit verteidigt, zumal manche Arten von diesem Horngetier nicht gerade recht nett sind. Wir können da den Bison nehmen oder auch den Elch. Das sind groß, sehr wehrhafte Tiere, die sich durchaus zu verteidigen imstande sind. Wölfe greifen, je nach Rudel, mit ihrer eigenen Strategie an. Wildrinder haben zb. auch eine Abwehrstrategie. Sie zirkeln. Das heißt, sie schließen sich in einem großen Kreis zusammen, nehmen die Jüngsten in die Mitte und bieten dem Wolf eine Hörnerfront, die man erst mal durchbrechen muss. Wölfe sind da ziemlich hartnäckig und können Bisons tagelang belagern, bevor diese die Nerven wegwerfen und die Flucht ergreifen. Wölfe hetzen. Das heißt, sie jagen so lange hinter einem Beutetier her, bis dieses nicht mehr kann. Diese Ausdauer von Wölfen finden wir auch in unseren Hunden wieder, sonst gäbe es keine Schlittenhunde, die stundenlang laufen können, ohne schlapp zu machen. Wölfe besitze genauso wie Hunde, keine Nervenfasern, die ermüden. Gelingt dem Beutetier die Flucht nicht, wird es von den Wölfen eingeholt, greifen diese meist von hinten an, besonders dann, wenn es sich um wehrhafte Beute handelt. Beute, die sich nicht wehren kann, wird auch von vorne angegriffen. Wölfe können das unterscheiden. Große Beutetiere haben im hinteren Bereich, an den Innenschenkeln, Geschlechtsteilen und am Bauch sehr dünne Haut. Das sind jene Bereiche, in die der Wolf beißt. Geht das Beutetier zu Boden, bleiben Wölfe bei wehrhaften Tieren auch im hinteren Bereich, um von schlagenden Hörnern nicht doch noch verletzt zu werden. Einen Kehlbiss, wie es bei Raubkatzen beobachtet wird, die mit diesem Biss ihre Beute ersticken, gibt es bei Wölfen nicht. Man stelle sich einen Bisonbullen vor, mit all dem Fell und der Fettwamme, die er am Hals hängen hat. Unmöglich, da an eine Kehle heranzukommen, aber das nur so nebenbei. Kleine, wehrlose Beutetiere werden an Ort und Stelle zerrissen, wobei sich Räuber immer den Zugang über die Bauchdecke suchen, da es dort weder Knochen, noch dicke Haut gibt, die man erst mal kaputt kriegen muss. Auch große Beute wird am Bauch aufgemacht, ganz egal, ob das Tier schon tot ist oder nicht. Ganz kleine Tiere wie Kaninchen … naja, ein Haps und weg. Das sehen sehr viele Menschen als barbarisch an und verwünschen deswegen den Wolf. Natürlich ist diese Art der Tötung grausam. Aber diesen Gedanken hegen nur wir Menschen. Dem Wolf, der Hunger hat, ist das egal, denn er empfindet für seine Beute kein Mitleid. Und sollte es sich um ein tragendes Muttertier handeln, wird das Jungtier im Zuge des Fressens eben aus dem Bauch geholt und als Zusatz verspeist. Emotionen haben an dieser Stelle keinen Platz. Überdies ist nicht nur der Wolf so veranlagt, sondern alle Räuber, die sich von Fleisch ernähren. Quer durch die Bank. Selbst unsere Liebe Miezekatze zuhause kann ein gemeines Vieh sein, wenn es mit der halbtoten Maus stundenlang spielt und sie dann frisst oder auch liegenlässt.
Wölfe sind zudem territorial und verteidigen auch ihr Zuhause gegen Fressfeinde. Kojote und Wolf haben sich gar nicht recht lieb. Treffen die beiden aufeinander, ist es gut, wenn der Kojote das Weite sucht, denn Wölfe bringen diese Tiere um, genauso wie deren Jungen. Diese Feindschaft gibt es auch unter anderen Fresskonkurrenten. Löwe und Hyäne zum Beispiel oder Hyäne und Wildhund. Nahrungskonkurrenz muss beseitigt werden.
Der Wolf bei uns.
Es ist schon erstaunlich. Noch vor ein paar Jahren gab es nur ein paar Wölfe, hin und wieder eine Wolfssichtung und das war es auch schon. Aber seitdem scheint sich der Wolf in rasender Geschwindigkeit zu vermehren, Rudel zu bilden, und, und, und. Fällt euch nicht auf, dass die Zahl der Wölfe zu explodieren scheint? Nun, ich denke, dass die paar Wölfe, die es damals noch gegeben hat, es sage, mal vor etwas zehn Jahre, die hat man noch als „ganz nett“ angesehen. Hurra, der Wolf ist zurück. In etwa so wie mit dem Bären oder dem Luchs. Während der Luchs aber kaum gesichtet wird (außer man verwechselt ihn in Berlin mit einer Löwin und dann mit einem Wildschein … es gab da einen Fall, grins) und sich auch der Bär zumindest in unseren Breiten sehr bedeckt hält, ist der Wolf sehr präsent geworden. Als streng geschütztes Tier darf er nicht bejagt werden und somit hat dieser Spitzenjäger alle Freiheiten der Welt. Zuerst hat er sich versteckt und im kleinen Rahmen vermehrt. Man hat sich gefreut, dass es wieder junge Wölfe in den Wäldern gab. Allerdings haben sich diese Ansichten schnell geändert, seit die Angriffe auf Nutzvieh oder auch auf Almvieh zugenommen haben.
Jahrzehnte lang konnten unsere Tiere, wie Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde wie auch deren Jungen bedenkenlos auf der Weide stehen. Sie hatten nichts zu befürchten, denn es gab bei uns keine so großen Jäger, vor denen sie Angst haben müssten. Luchs und Bär spielten dabei keine Rolle. Auf den Almen konnten sie den Sommer verbringen, dort alles niederfressen, sodass die Almen nicht verwüsten und zuwachsen. Unsere Tiere haben dort oben durchaus ihren Sinn, denn langes Gras bietet im Winter dem Schnee eine glatte Oberfläche. Kurzes Gras wirkt wie ein Stopper. Somit ist die Gefahr einer Lawine geringer. Unsere Tiere pflegen also die Almweiden, Menschen verbringen dort ihre Wochenenden, Berghüttenbetreiber verdienen dort oben ihr Geld. Das hat sich mittlerweile geändert. Dass es auf der Alm Ausfälle durch Abstürze gibt, war schon immer so. Unachtsame Tiere geraten ins Rutschen oder stolpern und stürzen einen Hang oder eine Klippe hinunter. Mit diesen Ausfällen rechnet man und sie sind, um es grob auszudrücken, vertretbar. Mittlerweile ist es aber so, dass sich Wölfe auf der Alm bedienen, denn sie machen keinen Unterschied zwischen Nutzvieh und Wild. Fleisch ist Fleisch. Sie jagen. Und während Gämsen oder auch Rehe wissen, wie sie wegzulaufen haben und auch auf unwegsamen Gelände gut zurechtkommen, sind Schafe, Rinder oder auch Pferde nicht ganz so geschickt, weil einfach größer und behäbiger. Nutztiere mussten Jahrzehntelang nicht mehr weglaufen, nicht mehr fliehen und jetzt auf einmal sehen sie sich einem Spitzenprädator gegenüber, der sie töten möchte. Klar ist die Flucht kopflos und endet nicht selten in schweren Abstürzen oder sie werden eben gerissen.
Doch nicht nur auf den Bergen gibt es Probleme, der Wolf bleibt nämlich nicht da oben in den Wäldern, sondern er kommt auch runter ins Tal, denn eines hat Isegrim mittlerweile gelernt! Es passiert ihm nichts. Egal, was er macht und was er tut oder wo er auftaucht, da passiert nichts. Wölfe sind nicht doof. Natürlich bemerken die, dass sie Narrenfreiheit haben und es niemanden gibt, der ihnen was tut.
Zudem, so meine Sicht, gibt es da ein weiteres Problem. Ich persönlich glaube nicht, dass alle Wölfe, die hier so rumlaufen, zugewandert sind. Meine Vermutung ist, dass da auch viele Gehegewölfe mit rumlaufen, die man irgendwo ausgewildert, also freigelassen hat. So wie man es mit dem Luchs und auch mit dem Bartgeier gemacht hat. Jetzt sind aber diese Gehegewölfe Menschen gewohnt und verbinden sie mit Futter. Ein Gehegewolf in freier Wildbahn, der die Nähe des Menschen sucht, weil er glaubt, von ihm was zu fressen zu kriegen, birgt schon eine große Gefährdung.
Weiters kommen die Wolf-Hund-Mixe dazu. Also Anpaarung zwischen Wolf und Hund. Wobei ich bemerken möchte, dass es da schon Hybriden gibt, die sich Menschen holen und halten wollen. Also Kreuzungen aus Wolf und Hund (zb. American Wolfdog), die einen hohen Anteil echten Wolf drinnen haben, aber als Hund verhökert werden. Menschen glauben, einen echten Wolf zu kaufen, oder einen Hund, der wie ein Wolf ist, kommen aber dann mit dem Tier nicht zurecht, weil er sich eben nicht eingliedert und sich nicht wie ein Hund verhält und lassen dann mal kurz das Gartentor offen. Oder der Hund verschwindet über den Zaun und war nie wieder gesehen. Diese Tiere lassen sich optisch nicht von Wölfen unterscheiden, weil es ja das war, was man wollte. Einen Wolf zuhause haben. Diese Tiere verwildern da draußen, schließen sich vielleicht mit einem echten Wolf zusammen und werden vielleicht sogar in einem kleinen Rudel geduldet und vermehren sich auch. Diese Mischungen gibt es bereits, obwohl man immer wieder behauptet, das wäre nicht so. Allerdings sind in der Schweiz schon Hybriden geschossen worden, die ihren Ursprung in Russland haben. Wie kommt jetzt so ein Wesen in die Schweiz??? Ich kenne den Betreiber einer Transportfirma, die sich auf Tiertransporte spezialisiert haben und mir erzählten, dass sie öfter echte Wölfe als Hunde von A nach B transportieren, weil die Leute sich einbilden, sowas besitzen zu müssen. Und das kommt öfter vor, als man meint. Zudem gibt es genug Wolfhundliebhaber, die noch ganz viel Wolfcontent in ihrem Hund haben wollen. Diese Tiere, die es ja gibt, fügen sich aber oft nicht so, wie man will, hauen ab und naja … die laufen dann auch da draußen rum und stellen die nächste Gefahr da, denn sie sind Menschen genauso gewohnt, wie die Gehegewölfe. Haben diese Tiere dann bohrenden Hunger, richtigen Hunger, dann werden sie dort Futter suchen, wo sie es glauben zu finden. In der Nähe von Menschen. Diese Tiere haben nie wirklich gejagt, haben keine natürliche Bremse und werden vermutlich leichter in diesen Tötungsrausch fallen, als ein normaler veranlagter Wolf. Sie bringen mehr um, als sie fressen können, weil sie Lust am Töten empfinden. So lange da was rumläuft, wird es umgebracht, was in einer Schafherde verheerende Ausmaße annehmen kann, denn die Schafe können, dank des Weidezauns, meist nicht weg.
Haben diese Wölfe aber Erfolg mit dieser Jagd, werden sie sich das merken und immer wieder nach Nutzvieh suchen, weil es einfach zu jagen ist und weil es dort niemanden gibt, der sie bremst. Narrenfreiheit lässt grüßen. Wölfe lernen schnell, auch nachgemachte Wölfe oder Gehegewölfe. Sie bleiben nicht bei Schafen, sondern wagen sich irgendwann auch an größere Beute, Kälber, Fohlen, ausgewachsene Rinder, weil sie merken, dass sich diese Tiere nicht wehren können. Pferde und Rinder unserer Zeit haben keine Erfahrung mit Jägern und nehmen den Wolf, der in der Nacht erscheint, auch nicht als Gefahr wahr, denn sie glauben es mit einem Hund zu tun zu haben. Vielleicht hat der Besitzer auch zwei, drei Hunde, die im Stall mit rumhüpfen. Wie soll ein Pferd oder ein Rind einen Wolf als Gefahr wahrnehmen, wenn tagsüber der Hund zwischen seinen Beinen rumdüst. Sie werden erst aufmerksam, wenn der Wolf bereits zubeißt und in den Jagdmodus übergeht. Dann greift der Fluchtinstinkt. Viel zu spät und vor allem … wohin? Überall Zäune, die Nutztiere bremsen. Pferdemütter haben keine Ahnung, wie sie ihren Fohlen schützen sollen, Rinder auch nicht, weil es bisher nicht notwendig gewesen ist. Woher sollen sie es wissen?
Das Drama sieht man dann am nächsten Tag, wenn der Bauer oder Besitzer kommt, Kadaver vorfindet oder halbtote Tiere, die angefressen sind. Kein schöner Anblick.
Jetzt schreit man nach Zäunen, die den Wolf abhalten sollen. Wie sieht dieser Zaun aus? Geht mal in einen Wildpark und seht es euch an. Drei Meter hoch, unten eingegraben, innen betoniert oder mit Strom nochmal gesichert, um sie vom Durchgraben abzuhalten. Ganz oben eine Schräge, um das Drüberklettern zu verhindern und überall Strom, um das Tier davon abzubringen, sich zu verdünnisieren und dann kommen so Wolfsexperten und empfehlen einen E-Zaun von 1,50m Höhe. Ein Wolf muss sich noch nicht mal anstrengen, um da drüber zu kommen. Dann wird erklärt, ja man braucht einen höheren Zaun mit Untergrabschutz. Ich stelle mir jetzt gerade eine 3ha große Weide vor (vielleicht eine größere) in unwegsamem Gelände. A: wer soll den Zaun bezahlen, B: man müsste schon aus seinen Weiden Ford Knox machen, um einen Wolf sicher daran zu hindern, sich Zutritt zu verschaffen, was auf weiter Flur unmöglich ist. Auf der Alm … nett. Man kann die Alm nicht zu einzäunen, denn da oben leben Wildtiere, Gämsen, Rehe, Hirsche, denen man damit auch ihre Freiheit nehmen würde, geeignete Äsungsplätze zu finden oder Wasser zu erreichen. Im Gegensatz zu anderen Ländern, sind Österreich und Deutschland sehr, sehr dicht besiedelt. Dort wo es mit Großraubtieren funktioniert, gibt es meist wesentlich mehr Platz, weniger Menschen und keine bescheuerten Gesetze, die einen Tierhalter daran hindern, sein Vieh zu verteidigen, denn in der Türkei oder in Russland wird man nicht lange fackeln. Erscheint da ein Wolf, muss er froh sein, die Begegnung mit dem Menschen zu überleben. Ja, das wissen die Viecher aber auch und meiden ihn deshalb.
Wie war das mit der hiesigen Narrenfreiheit?
Nächster Punkt Herdenschutzhunde. Die schaffen das alles, die bringen jeden Wolf um. Also legen wir uns zwei Herdenschutzhunde zu, die den Job schon machen werden. Was viele Leute nicht verstehen ist, dass Herdenschutzhunde nicht den Herdenschutz bieten können, den man von ihnen erwartet.
Einfach Beispiel. Ein Rudel Wölfe, sagen wir sieben Stück, also ein kleineres Rudel, ist auf der Jagd und steht zwei Herdenschutzhunden gegenüber. Also, ich stelle mir die Chance für die beiden Herdenschutzhunde eher schlecht vor, wenn sie einer Überzahl von Wölfen gegenüberstehen, die Hunger haben und Beute machen wollen. Herdenschutzhunde haben nur eine Chance, wenn das Verhältnis 1:1 ist, denn ein Herdenschutzhunde kann sich nicht gegen mehrere Wölfe verteidigen, weil der auch nur „zwei Hände“ hat. Manche glauben auch, dass allein die Anwesenheit eines Herdenschutzhundes reicht, um Wölfe zu vergrämen. Warum glaubt man das?
Wieso sollte sich ein Wolf vor einem bellenden Hund zurückschrecken lassen? In anderen Ländern töten Wölfe Hunde, holen sie direkt vom Hof, manchen mit ihnen kurzen Prozess und hier sollen sie sich vor einem bellenden Hund zurückschrecken lassen. Sehr niedlich gedacht.
Zudem muss auch ein Herdenschutzhund seinen Job mal lernen. Mir kommt manchmal so vor, wenn ich Berichte lesen, die Leute glauben, man habe einen Hund einer bestimmten Rasse und schon ist alles gut. Der Hund weiß, was er zu tun hat. Aha. Das heißt, ein Belgischer Schäferhund kommt auch als Polizeihund auf die Welt, weil er eben ein Malinois ist. Und ein Border Collie weiß auch von Geburt an, wie er Schafe zu hüten hat. Ja, wenn es so einfach wäre. Auch wenn eine gewisse Anlage vorhanden ist, muss man dem Hund schon zeigen, was er zu tun hat. Bellen allein reicht nicht. So ein Herdenschutzhund muss kämpfen können, muss Druck vertragen und auch Schmerzen aushalten. In der Türkei, Russland, Rumänien oder anderen Ländern lernen sich diese Hunde das fast von allein. Sie leben in größeren Gruppen und wenn es Zoff gibt, knallen diese Viecher aneinander und liefern sich Kämpfe, die wir uns hier nicht vorstellen können. Sie lernen zuzubeißen, sie lernen sich zu verteidigen, sie lernen Druck auszuhalten und Schmerzen zu verkraften. Beste Voraussetzungen, um gegen einen Wolf anzutreten, der diese Dinge auch kann. Ein Wolf weiß, wie man tötet, er weiß wie sich Schmerzen anfühlen und er weiß, wie man kämpft und seine Zähne gebraucht.
Herdenschutzhunde hier in Österreich, der Schweiz und Deutschland fehlt dieses Wissen, weil sie sowas gar nicht lernen sollen, denn dann wäre es ein Kampfhund. Sie sollen bitte hintern Zaun bleiben und bellen, wenn sich jemand nähert. Aber sie sollen die Mami mit ihrem Kleinkind und dem mitlaufenden Fifi in Ruhe lassen, sie sollen den Jogger ignorieren und auch auf der Alm den Schäferhund vom Wolf unterscheiden, sich immer bei der Herde aufhalten und Wanderer nach Möglichkeit nicht vernaschen. Kommt es dann zu einem Angriff, sollte der Herdenschutzhund aber wenn geht auch nicht kneifen, weil der Wolf mit einer Härte angreift, die der Herdenschutzhund vielleicht gar nicht kennt. Nochmal, Wölfe wissen, wie man tötet, Herdenschutzhunde hierzulande wissen noch nicht mal wie man streitet. Ein Herdenschutzhund in anderen Ländern lebt anders und muss sich nicht an all die Gesetze halten, die es hierzulande gibt.
Zumal will sich nicht jeder Landwirt, der ein paar Schafe und Rinder hat, gleich einen nicht gerade ungefährlichen Hund zulegen, für den er ja auch die Verantwortung übernehmen muss, falls der durch den Zaun geht und einen anderen Hund umbringt, der ihn vorher gerade angepöbelt hat. Und wenn der Herdenschutzhund in der Nacht öfter oder anhaltend bellt, will ich nicht wissen, wie lange das die Nachbarn mitmachen. Es wird bald heißen: Ruhestörung, sperr den blöden Köter in der Nacht ein. Tja, dann wird man auch das liebe Vieh in der Nacht einsperren müssen, was man vielleicht gar nicht so will oder man lässt es draußen und legt dann den Kadaver in Nachbars Einfahrt, wenn der Wolf zu Besuch war.
Ich mag Wölfe sehr. Es ist für mich ein kluges, sehr lernfähiges Wesen, ein sensationeller Jäger, ein elegantes, vor Kraft strotzendes Raubtier. Aber der Wolf ist nicht ungefährlich. Egal, ob Gehegewolf, Hybrid oder wilder Wolf, man räumt ihnen hierzulande viel zu viel Freiraum ein. Zumal ich glaube, dass man die Übersicht längst verloren hat. Es gibt viel zu viele Wölfe auf zu engem Raum. Und zu sagen, wir sollen gehen, denn der Wolf war schon vorher da, ist zwar nett, aber Blödsinn, denn ich werde jetzt nicht mein Haus niederwalzen, mir die Knarre an die Brust setzen und mich wegpusten, damit der Wolf mehr Platz hat. Das ist Quatsch. Auch ein Beiseiterücken wird nicht funktionieren, weil der Wolf immer mehr Platz beanspruchen (ihm fehlt die menschliche Logik) und sich immer wieder an unseren Tieren vergreifen wird. Man kann ein geliebtes Tier mit Geld nicht ersetzen. Springt ein Wolf in deinen Garten und holt sich deinen Hund, den du über alles liebst, wird man ihn mit Geld nicht ersetzen können. Der ist nicht mehr da. Landwirte empfinden aber oft ebenso. Was, der Wolf hat deine fünf Rinder getötet, hier hast ein paar Mäuse, kauf dir Neue … ist ein Gedanke der empathielos ist. Zumal das Geld, welches man als „Ersatz“ bekommt, erst Monate wenn nicht sogar Jahre später ausbezahlt wird und bei weitem nicht reicht.
Man erwartet von Landwirten, dass sie hunderte von Euro in den Schutz ihrer Tiere investieren und denkt aber nicht darüber nach, dass diese Menschen dieses Geld vielleicht gar nicht haben oder es dann einfach mit der Landwirtschaft lassen, weil es sich nicht mehr rechnet. In den großen Massentierhaltungen stehen die Viecher sowieso nur im Stall, sehen keine Sonne und leben bis zu ihrem Tod ein erbärmliches Leben, wo alles nur noch von Robotern gesteuert wird. Aber der Wolf kann da nicht rein. Da gibt es keine Babsi, Zenzi, Greti oder Mausi, wobei der Bauer weiß, dass Greti etwas kitzlig an den Zitzen ist, Babsi gerne hinter den Ohren gekrault werden möchte und Mausi sehr lästig werden kann, wenn sie ein Kalb hat.
Der Wolf hat in unseren Breiten eigentlich gar nichts verloren. Wir haben schlicht zu wenig Platz. Unsere Gebiete sind dicht besiedelt, mit Straßen vernetzt und zugebaut. Ein Wolfsrudel ist auf Platz angewiesen, vermehrt es sich, sind auch die heranwachsenden Wölfe wieder auf Platz angewiesen, den wir aber nicht haben. Es wäre wesentlich vernünftiger, den Wolf dort zu akzeptieren, wo es Platz gibt, wo nicht alles zugebaut ist und wo es Menschen noch erlaubt ist, sich selbst und auch ihr Hab und Gut vor Jägern zu schützen. Wie soll ein Jäger wie der Wolf auf Dauer in einem Land überleben, wo die Leute schon schreien, wenn ihnen ein freilaufender Chihuahua über den Weg läuft?
Es wird so weit kommen, dass irgendwann Wölfe Menschen angreifen. Im Garten, am Hof, beim Wandern, beim Joggen, wo auch immer. Sie werden schnell entdecken, dass der Mensch keine Gefahr für sie ist, weil er sich nicht wehren kann. Wölfe sind nicht doof und ziemlich lernfähig. Immer zu glauben, sie würden sich Menschen fernhalten, wird spätestens dann über Bord geworfen, wenn das erste Kind getötet wurde, das vielleicht nur mit ihrem Hund draußen war. Vielleicht werden irgendwann Reiter angegriffen, weil Wölfe in dem Pferd eine jagbare Beute sehen. Was weiß man. Sie lernen hier ja, dass ihnen vom Menschen keine Gefahr droht. Der Mensch tut ihnen nicht weh, also werden sie sich ausbreiten. Kommen dann die ersten Zwischenfälle, wird man schnell dahintersteigen, dass man viel zu lange zugeschaut hat und wird die Population so schnell nicht wieder in den Griff kriegen. Dann kommt die Zeit, in der es gut ist, nicht unbewaffnet draußen unterwegs zu sein. Tränengas, Pfefferspray, Messer, was auch immer, denn jeder der da draußen ist, wird sich im Notfall irgendwie verteidigen müssen, bis Raubtiere wie der Wolf wieder lernen, dass Menschen doch gefährlich sein können und man ihnen nicht zu Nahe treten sollte. Aber bis dahin wird es viele Opfer geben. Bei Tier und Menschen.
Ob man es wirklich auch durchsetzt, wird sich zeigen.
Hier aus einer Überwachungskamera. Wölfe nähern sich einem Hof, die Hunden bemerken es und werden von den Wölfen getötet. Es ist nicht schön, aber so sieht es aus. Kann man natürlich auch verdrängen …
Es sei zu hoffen, dass man irgendwann begreift, dass man hier mit dem Feuer spielt. Wölfe okay, aber bitte mit Maß und Ziel, denn der Wolf ist kein Kuscheltier, weder nett, lieb noch süß, sondern ein Jäger, der sich holt, was er braucht und dabei wenige Mitleid mit dem Menschen zeigt, wenn der ihm nicht zeigt, dass der Mensch gefährlich sein kann. Es hat seinen Grund, warum man ihn früher bejagt hat.