Immer und immer wieder werde ich gefragt, was es denn nun mit der Testerei auf sich hat. Wieso, warum und was denn so Genkrankheiten sind.
Ich habe auch schon erlebt, dass Menschen Angst hatten, ihren Hund, einfach nur einen Hund, Mischling, ist ja wurscht, auf genetische Erkrankungen testen zu lassen, weil sie Angst haben, sie könnten was rausfinden, was sie nicht wissen wollen.
Vor zehn, fünfzehn Jahren war die Testerei noch gar nicht so „in“. Heute ist sie wichtiger denn je und ich will euch auch anhand von Beispielen erzählen, warum Vorsorgeuntersuchungen in der Zucht so sehr wichtig sind. Es gibt so viele Züchter, die wollen mal eben einen Wurf haben, meinen es noch nicht mal böse, und verpaaren zwei Hunden miteinander, ohne zu wissen, was für ein Risiko sie damit eingehen.
Nehmen wir das Beispiel DM.
Die canine degenerative Myelopathie (DM) kann bei älteren Hunden aller Rassen auftreten. Häufig wird die schwere Nervenerkrankung bei den Rassen Deutscher Schäferhund und Berner Sennenhund beschrieben und sollte bei der Zucht berücksichtigt werden. Neben diesen Rassen sind aber viele weitere Rassen von der degenerativen Myelopathie betroffen. Ein erkrankter Hund zeigt ab einem Alter von etwa 8 Jahren Veränderung in der Bewegung. Bei einer DM sind die Nervenfasern (oberes Motoneuron) und das Rückenmark verändert. Die Symptome gestörte Muskelbewegungen und unkoordiniertes Laufen (Ataxie) sowie Schwäche bis Lähmung (Parese) zeigen sich zuerst in der Hinterhand und nehmen dann einen fortschreitenden Verlauf. Die Erbkrankheit ist vor allem im Rückenmark in der Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule lokalisiert. Als Risikofaktor für die Entwicklung einer DM wurde eine Variante im Exon 2 des SOD1-Gens bei vielen Rassen nachgewiesen. Bei Berner Sennenhunden gibt es zusätzlich eine Variante im Exon 1 dieses Gens, die ebenfalls mit der DM in Zusammenhang steht.
(Text von Laboklin übernommen)
Erbgang: Autosomal rezessiv. Das heißt, es müssen zwei DM Trägertiere verpaart werden, damit ein DM betroffener Hund entsteht. Würde man testen, würde man wissen, dass der eigene Hund zb. DM trägt N/DM. Testet man nicht, kann es passieren, dass man zwei Trägertiere unbewusst miteinander verpaart und wir hätten DM betroffene Welpen DM/DM. Und diese schwere Krankheit tötet.
Mal vorneweg. Eine Erbkrankheit ist nicht heilbar. Hunde, die die Symptomatik von DM zeigen, werden nie wieder gesund, sondern irgendwann an dieser Krankheit sterben. Die Lähmung fängt hinten an und schleicht langsam nach vorne. Zuerst kann der Hund die Hintergliedmaßen schlecht bis gar nicht mehr bewegen, dann befällt die Krankheit die vorderen Gliedmaßen, bis auch diese gelähmt sind und der Hund, wenn überhaupt, nur noch den Kopf heben kann. Es liegt jetzt am Besitzer selbst, wie weit der da mitmacht. Ich habe da so meine eigene Meinung. Ich bin niemand, der einen Hund in einem Rollstuhl dahinvegetieren lässt und zusieht, wie er immer mehr verkümmert. Sich von A nach B schleppt oder vielleicht gar nicht mehr von selbst aufstehen kann. Das ist dem Hund nicht würdig, aber viele Menschen können nicht loslassen und erhalten den Hund so lange es eben geht am Leben und glauben auch noch, der Hund wäre glücklich. Ein Hund, der nicht mehr laufen kann, ist nicht glücklich, ein Hund, der sich gar nicht mehr bewegen kann, ist auch nicht glücklich, aber das Tier kann ja nichts dagegen machen, sondern lebt halt dahin, ob glücklich oder nicht.
Ich habe im Internet ein Video rausgesucht, bei dem der Verlauf von DM dokumentiert wurde. Bis zum Schluss. Sieht es auch an. So sieht es aus, wenn ein Hund DM hat. Und es sind nicht nur Rassehunde betroffen, sondern auch ganz verwegene Mischlinge, richtige Straßengrabenkreuzungen. Aber in der Rassehundezucht wäre es ganz, ganz wichtig, seine Hunde nicht nur gegen DM sondern gegen möglichst viele Erbkrankheiten testen zu lassen, um zu gewährleisten, dass nicht die falschen Zuchtpartner miteinander verpaart werden und nein, diese Vorsorge passiert nicht automatisch. Viele scheuen sich, diese Tests zu machen, wie schon gesagt, aus Angst, der Hund könnte sowas haben. Aber was nutzt es, wenn ich hinterher Welpen großziehe, die diese Krankheit in sich tragen. Ich würde jeden Hund testen lassen, egal welcher Rasse er angehört oder ob ich ihn aus dem Tierschutz habe. Ist der adoptierte Tierschutzhund nämlich von einer Erbkrankheit betroffen, kann man sich früh genug darauf einstellen, was auf einen zukommen kann. Man ist sozusagen „bewaffnet“, denn man kann eine Erbkrankheit nicht wegzaubern und sie auch nicht aufhalten. Bricht DM aus, habe ich irgendwann einen gelähmten Hund. Punkt.
Einmal ein Schäferhund, der bis zum Ende von seinen Besitzern begleitet wurde.
Das ist die Privataufnahme eines Boxers im Frühstadium von DM.
Wir testen unsere Hunde, aber auch andere Züchter sollten nicht herumzaudern und einen Test machen lassen. Das Labor Feragen bietet ein ganzes Testpaket zum vernünftigen Preis an. Mittlerweile werden dort über 250 Erbkrankheiten hin untersucht. Man kann feststellen, ob dein Hund frei, Träger oder betroffen ist. Je nach Erbgang, ist ein Trägertier kein Weltuntergang. Er kann die Krankheit nicht bekommen, aber dieses Trägertier sollte nicht mit einem Trägertier verpaart werden.
Anders verhält es sich bei einem autosomal dominanten Erbgang. Da reicht eine Copy der Krankheit aus, wie es bei MH der Fall ist. So ein Hund gehört nicht in die Zucht.
Es gibt keine Rasse, die nicht von rassespezifischen Erbkrankheiten betroffen ist. Defekte können sich immer schnell einschleichen, Gene können auch ganz selbständig, ohne unser Zutun, von selbst mutieren. Deshalb ist es so wichtig, seinen Hund testen zu lassen, gerade dann, wenn er in die Zucht gehen soll.
Bei einem Mischling würde ich sogar einen Rassetest machen lassen, was auch von vielen Menschen abgelehnt wird. Sie haben Angst, dass etwas anderes herauskommt, als sie bisher geglaubt haben. Dann könnte aus dem Dackel-Spitzmischling plötzlich was ganz anderes werden.
Nein, der Hund wird dadurch nicht schlechter und auch nicht besser. Es bleibt der Hund, den man hat, aber man weiß zumindest, was für Gene in ihm stecken und welche Rassen wirklich an seiner Entstehung beteiligt war. Selbst bei angeblichen Rassehunden würde ich einen Test machen lassen, denn nur, weil der angebliche Rassehund Papiere, also eine Ahnentafel besitzt (Impfpässe haben nichts mit Papieren zu tun), muss er nicht zwangsläufig reinrassig sein. Wir haben das selbst schon erlebt. Aus einem angeblich reinrassigen Bordercollie mit Papieren, wurde ein Bordercollie – Aussie Mix. Da dürfte wohl der Aussierüde bei der Produktion der Bordercolliewelpen ein wenig mitgewirkt haben.
DNA-Profile mit Abstammungsgutachten würden ja bestätigen, dass die angegebenen Eltern auch die biologischen sind, allerdings werden DNA-Profile nur in den seltensten Fällen gemacht. Eigentlich schade, denn was auf einer Ahnentafel steht, muss nicht immer stimmen.
Zucht bedeutet sehr viel Verantwortung seinen Welpen und auch jenen Menschen gegenüber, die einen Welpen erstehen, die immer in der Hoffnung sind, dass er gesund ist. Natürlich kann immer was sein. Dinge, die man einfach nicht vorhersehen kann. Ein Hund kann immer mal erkranken, sich verletzten, vergiftet werden, was auch immer. Aber eine Erbkrankheit kann man ausgrenzen, wenn man davon weiß, aber man kann absolut nichts dagegen machen, wenn man davon nichts weiß, weil man sich damit nicht beschäftigt oder schlicht keine Ahnung hat.