Erst vor Kurzem hatten wird diese Diskussion wieder am Hof. Dabei tauchte der altbekannte Fehler einmal mehr auf, der mir fürchterlich auf den Keks geht.
Der Glaube hält sich
Rüden werden kastriert,
Hündinnen sterilisiert.
Das ist Quatsch und ausgemachter Blödsinn.
Beim Kastrieren werden die Hoden den Rüden bzw. die Eierstöcke der Hündin entfernt.
Beim Sterilisieren werden die Samenleiter bzw. die Eileiter durchtrennt.
Nachdem man aber gerade bei der Hündin der Läufigkeit aus dem Weg gehen will, bringt es nicht viel, die Eileiter lediglich zu durchtrennen, da die Hündin nach wie vor läufig wird und vom Nachbarsrüden entführt werden kann, der sie dann ganz schamlos deckt. Lediglich passieren kann nichts mehr.
Entfernt man die Eierstöcke, wird die Hündin nicht mehr läufig.
Würde man beim Rüden die Samenleiter durchtrennen, behält er sein rüdenhaftes Verhalten, das man ja eigentlich wegbeamen will, indem man ihn kastrieren lässt. Er ist lediglich zeugungsunfähig.
Also, Rüden wie Hündinnen werden kastriert und nicht sterilisiert. Das sollen Chirurgen mit ihrem Besteck machen.
Diskutiert wurde die Frage, wann denn der beste Zeitpunkt sei, die Hündin bzw. den Rüden kastrieren zu lassen. Viele Tierärzte empfehlen Kastrationen bereits im Alter von einem halben Jahr durchführen zu lassen, was viele Hundebesitzer auch machen. Warum die Hündin läufig werden lassen? Das nervt, ist unsauber, dauert drei Wochen, wenn es doch vorher auch geht?
Warum Rüden erst zum Manne reifen lassen, wenn man ihm seine Glocken vorher wegzwicken kann?
Gut, alles hat seinen Grund.
Hunde im Alter von sechs Monaten bis zu einem Jahr sind noch pubertierende Junghunde, die noch gar nicht wissen, was sie sind. Sie testen Grenzen aus, benehmen sich flegelhaft, treiben ihre Besitzer manchmal zur Weißglut, sind unfolgsam und manchmal auch dumm. Das ist normal so. Auch unsere Kinder sind während der Pubertät nicht wirklich gescheit, benehmen sich hin und wieder kindlich, dann wieder bescheuert erwachsen und man könnte sie hin und wieder durch den Fleischwolf drehen. Eltern sind scheiße und man braucht eine obercoole Jeans, die mindestens bei den Knien hängt, oder Schminke, die einer Kriegsbemalung gleicht. Habe ich schon von den Krallen gesprochen, die einst Fingernägel waren? Nein?
Gut, auch unsere Kinder müssen heranwachsen, sie lernen und irgendwann geht jede Pubertät vorbei.
Bei Hunden ist das nicht anders. Sie lernen, wachsen und irgendwann sind sie normale erwachsene Hunde.
Dem ist aber nicht so, wenn sie zu früh kastriert werden. Durch das frühe Kastrieren bekommen sie keinen Hormonstoß, reifen nicht, bekommen sozusagen nicht den nötigen Kick, der sie erwachsen werden lässt. Dadurch benehmen sich diese Hunde auch im erwachsenen Zustand ständig kindlich, unterwerfen sich leicht und besitzen kein bzw. wenig Selbstbewusstsein. Für den normalen erwachsenen Hund ist aber der kastrierte Hund auch ein Erwachsener und kein Welpe. Er kann nicht wissen, dass sich sein Gegenüber wie ein Welpe fühlt. Dadurch entstehen Missverständnisse, die Raufereien nach sich ziehen können, da der wirklich erwachsene Hund das Verhalten des scheinbar erwachsenen Hund nicht einordnen kann. Zu früh kastrierte Hunde werden öfter Opfer von Angriffen und Beißattacken als nicht kastrierte oder später kastrierte Hunde. Zudem verstehen diese Pseudojünglinge ihre Welt nicht mehr. Ihnen fehlt eine gute Portion des Verhaltensmusters, welches sie an den Tag legen, wenn sie erwachsen geworden sind. Wann das genau ist, dafür gibt es keinen genauen Zeitpunkt, sondern nur einen Zeitraum. In etwa zwischen dem 12. und dem 24. Lebensmonat. Kommt auf die Rasse an. Kleine Rassen reifen schneller als Große.
Zudem fehlt es den zu früh kastrierten oft an Selbstbewusstsein, an Herz und Wille. Das macht sich im Sport oder im Dienst (das kann auch der Rettungsdienst sein) stark bemerkbar. Der Hund erbringt vielleicht nicht die Leistung, die man sich wünscht, da er im Kopf noch ein Kind ist und es auch bleiben wird. Zudem geben diese Hund bei Druck sehr schnell auf, fallen regelrecht nervlich um. Sie sind zwar spielerisch zu motivieren, lernen ihre Aufgaben auch, aber sie entwickeln nicht den nötigen Ernst bei der Sache, was es dann schwierig macht, mit ihnen dauerhaft zu arbeiten, weil man oft an der Verspieltheit dieser Hunde verzweifelt. Ich will das zwar jetzt nicht verallgemeinern, aber es kommt sehr oft genau so vor, und ich höre immer wieder, wie die Leute mir ihre Hunde, egal welcher Rasse, beschreiben.
Hündinnen sollte man wenigstens einmal läufig werden lassen und beim Rüden warten, bis er eineinhalb Jahre alt geworden ist. Dann hat man ziemlich sicher einen richtig erwachsenen Hund.
Ach, eines noch zum Thema kastrieren beim Rüden.
Hündinnen sind außerhalb ihrer Läufigkeiten sexuell inaktiv, also für einen Rüden wenig interessant. Rüden können hingegen immer und werden oft sogar sehr aktiv, wenn sie ein Weibchen nur riechen. Rüden haben oft keinen Respekt vor Hündinnen und können mit ihnen nicht umgehen, weswegen sie glauben, dass alles gerammelt werden muss, was weiblich ist, und sich deswegen auch ständig Ohrfeigen einfangen.
Ist ein Rüde kastriert, wird er oft von anderen Rüden nicht mehr als männlich identifiziert. Dadurch kann es passieren, dass sie berammelt oder auch näher bis ausführlich beäugt werden, was ihnen oft nicht passt. Raufereien können die Folge sein. Besonders dann, wenn der kastrierte Rüde ein selbstbewusstes Wesen hat.
Und ja, und auch kastrierte Rüden markieren und können Hündinnen decken. Sie verankern sich auch, hängen Minuten lang mit ihr zusammen, lediglich passieren kann nichts mehr. Auch das ist keine Verallgemeinerung, da es auf den einzelnen Hund ankommt. Manche Rüden verlieren nach einer Kastration wirklich jegliches Interesse, während andere immer noch glauben, sie wären die absolut weltbesten Rammler.
Man kastriert Hündinnen, um der Läufigkeit aus dem Weg zu gehen. Das ist okay. Beim Rüden würde ich einen Gedanken mehr daran verschwenden, ob eine Kastration vonnöten ist. Sie kann helfen, muss es aber nicht.
Gerne werden auch Rüden kastriert, die sich aggressiv zeigen. Streitsüchtige Hundemänner haben ein eigenes Ego, welches sich nicht wegoperieren lässt. Die meisten Streithähne und Stänkerer, die kastriert wurden, behielten ihre Persönlichkeit des allzu wichtigen Egos. Ob da kastrieren Sinn macht?
Kastrierte Hunde neigen dazu, dick zu werden. Hat sich bestätigt. Die Hormone essen nicht mehr mit. Wird der Hund fett, haben sie oft auch keine Lust mehr, sich zu bewegen. Der Hund wird faul.
Es ist also ganz gut, den Hund nach einer Kastration nicht übermäßig zu füttern und ihm weiterhin Bewegung angedeihen zu lassen. Das tut nicht nur dem Wauwau gut, sondern auch dem Herrchen und Frauchen.
Und noch etwas, was ich dann und wann höre. Es gibt Leute, die lassen ihre Hündin nicht kastrieren, weil sie nicht in die Natur eingreifen wollen. Mir hat das eine Dame erzählt, also habe ich sie gefragt, warum sie ihre Hündin dann nicht bei jeder Läufigkeit in die Hundezone schickt.
Ja, da würde sie gedeckt werden.
Naja, das ist Sinn der Läufigkeit.
Aber man wolle keine Welpen.
Also, greift man doch in die Natur ein. Denn, wenn eine Hündin willig ist, will sie auch einen Rüden und will gedeckt werden, denn sonst würde sie einem Rüden nicht den Hintern hinhalten, wenn sie in der Stehzeit ist. Wenn man schon nicht kastrieren will, weil das ein Eingriff in die Natur des Hundes wäre, dann soll die Hündin doch bitte sehr auch Welpen bekommen können und dürfen, da das Verhindern des Deckaktes auch ein Eingriff in die Natur ist.
Also, beim Kastrieren verhindert man die ungewollte Zeugung von Welpen. Man schützt die Hündin vor Unterleibserkrankungen, die gehäuft dann auftreten, wenn Hündinnen unkastriert bleiben, aber nie geworfen haben.
Einen Rüden würde ich dann kastrieren, wenn viele Hündinnen in der direkten Nähe wohnen, die regelmäßig läufig werden, oder wenn der Rüde nur einen Hoden hat, da der andere in der Leiste stecken geblieben und nie runter gekommen ist. Man nennt das Kryptorchimus. Aber kein Kastrieren bevor beide Hunde erwachsen geworden sind.